Institut für Naturorientierung und Lebensstil e.V. (INL)

 

Wir gehen davon aus, dass die Gründe für die Krisen und Herausforderungen unserer Zeit – die ökologischen wie die sozialen Dilemmata – in der psychischen Entwicklung und der kulturellen Verfassung der Menschheit zu finden sind. Der von der Natur entfremdete Alltag menschlicher Zivilisation führt insbesondere in der Stadt fortwährend zu einer (gefühlten) Trennung des Menschen von der Natur. Diese Trennung hat einen Einfluss auf unsere Beziehung zu uns selbst, auf unsere Gesundheit sowie auf die Gesundheit der Erde, deren Lebendigkeit durch die Menschheit fortwährend weiter zerstört wird.

 

“Unsere Entwicklungsstörung beruht vor allem auf unserer Trennung von der Natur,

sowohl unserer äußeren als auch unserer inneren Natur:

der Verlust unserer erlebbaren Zugehörigkeit und Verflechtung mit der natürlichen Welt

und der Verlust unserer Verbindung zum Kern unserer menschlichen Natur –

unserer Seele.“

 

– BILL PLOTKIN [1]

 

Als gesundes Entwicklungsziel beschreibt Charles Eisenstein in seiner Analyse der Klimakrise [2] den Begriff Interbeing. Der vom Zen-Mönch Thich Nhat Hanh geprägte Begriff umfasst unsere Verbundenheit mit der Natur, unseren Mitmenschen und mit uns selbst. In Solidarität mit dem konvivialistischen Manifest [3] stehen wir für einen gesellschaftlichen Wandel hin zum „Gefühl, Teil einer Weltgemeinschaft“ zu sein. Konvivialismus meint die Kunst, miteinander zu leben (con-vivere), das Kreieren und Abwägen von Möglichkeiten ökologisch und sozial nachhaltiger Formen demokratischen Lebens als Alternative zur Wachstumsgesellschaft. In Anlehnung an tiefenökologische Prinzipien [4] geht es uns auch um die Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen – ein wesentlicher Aspekt, der in unserer kognitiv geprägten Kultur häufig vernachlässigt wird [5]. Darunter fällt das Empfinden von positiven Gefühlen im Kontakt mit der Natur ebenso wie die Offenheit für schmerzhafte Gefühle (Trauer, Ärger, Ängste und Ohnmacht) im Hinblick auf den teils kritischen Zustand unserer Welt. Die Wahrnehmung und Achtung unserer Gefühle spielen eine essentielle Rolle für unsere Verbundenheit mit uns selbst und mit der Welt.

 

Dafür braucht es aus unserer Sicht:

  • Eine Orientierung an naturgegebenen Rahmenbedingungen für Nahrung, Wasser, materiellen Wohlstand (nicht zu verwechseln mit zerstörerischem Überfluss) sowie für unser psychisches Wohlbefinden.
  • Eine konvivialistische Einstellung, mit der sich eine Orientierung an den naturgegebenen Rahmenbedingungen in eine ganzheitlich sinnvolle Lebenspraxis überführen lässt.
  • Einen bewussten Blick auf die sozial-ökologischen Krisen unserer Zeit, ohne in Ohnmacht oder Hoffnungslosigkeit zu verfallen.

 

Das bedeutet, wir brauchen Aktivitäten, die dazu führen, dass:

  1. Wir uns als Teil der Natur begreifen und die naturbasierte Grundlage unserer Existenz erkennen und schätzen lernen.
  2. Wir einsehen, dass es einer ganzheitlichen Kunst des Lebens und Zusammenlebens bedarf, damit alle Menschen, Tiere, Pflanzen, Landschaften usw. in guter Weise leben können.
  3. Wir uns den zum Teil kritischen Zustand unserer Welt bewusst machen und durch die emotionale Auseinandersetzung mit dieser Thematik unsere natürliche Leidenschaft und unser Engagement wecken und stärken.
  4. Wir Modelle entwickeln, die ein gutes Leben für alle Lebewesen in den Blick nehmen und die als Anpassung an die sozial-ökologischen Krisen unserer Zeit geeignet sind.

 

In diesem Sinne möchten wir zu einem sozial-ökologischen Wandel für eine zukunftsfähige und lebendige Welt beitragen, in der Menschen ein Gefühl der Verbundenheit mit sich selbst und der Natur erleben – eine Welt, in der wir einander, uns selbst und die Lebendigkeit der Erde achten und schätzen.


[1] Bill Plotkin (2020): The Journey of Soul Initiation.

[2] Charles Eisenstein (2019): Klima – Eine Neue Perspektive.

[3] Les Convivialistes (2014): Das konvivialistische Manifest: Für eine neue Kunst des Zusammenlebens.

[4] Arne Naess, David Rothenberg (Hrsg.) (2013): Die Zukunft in unseren Händen: Eine tiefenökologische Philosophie.

[5] Joanna Macy (2014): Hoffnung durch Handeln: Dem Chaos standhalten, ohne verrückt zu werden.